Digitale Angebote: Ein Leitfaden zur sorgfältigen Prüfung

von David Wippel, Gründer

Wenn du schon einmal eine Webseite, einen Online-Shop oder (individuelle) Software für dein Unternehmen gekauft hast, kennst du das Prozedere: Dir wird ein Angebot vorgelegt.

Diese Angebote variieren stark - von kurzen Einseitern bis hin zu umfangreichen, 42-seitigen Dokumenten, die fast wie komplexe Verträge wirken. In solchen Angeboten wimmelt es von Fachbegriffen und einer Fülle an Details. Für Laien sind diese schwer zu durchschauen. Doch es ist essenziell, dass Angebote klar und verständlich sind, damit du über alle wichtigen Aspekte, Risiken und Annahmen aufgeklärt bist.

In 25 Jahren habe ich über 200 Angebote für komplexe Softwareprojekte geschrieben und geprüft. In diesem Beitrag teile ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse, um dir zu helfen, Angebote besser zu verstehen und zu bewerten.

Ich werde folgende Themen behandeln:

  1. Output vs Outcome: Verstehen, was wirklich geliefert wird und welche Ziele erreicht werden sollen.
  2. Garantien: Die Bedeutung von Garantien und was sie für dein Projekt bedeuten.
  3. Zeit gegen Geld (T&M): Die Vor- und Nachteile von Time & Material gegenüber Fixpreisen.
  4. Vertragsdetails und Kündigungsbedingungen: Was du wissen musst, bevor du unterschreibst.
  5. Wie wichtig ist der Technologie-Stack?: Die Rolle der Technologieauswahl und ihre Auswirkungen auf dein Projekt.

Output vs. Outcome: Worauf es bei Software-Angeboten wirklich ankommt

Wenn du ein Angebot für eine neue Webseite oder Software erhältst, wirst du hoffentlich mit einer detaillierten Liste von Features und Funktionen - dem sogenannten "Output" - konfrontiert. Doch was meistens fehlt, ist der "Outcome", also die langfristigen, messbaren Effekte dieser Arbeit.

Was sind Output und Outcome?

Output bezieht sich auf die direkten, greifbaren Ergebnisse einer Arbeit, wie entwickelte Features, Designs oder investierte Arbeitsstunden.

Outcome hingegen fokussiert sich auf die langfristigen Effekte dieser Arbeit, wie eine Steigerung des Umsatzes oder ein erhöhtes Auftragsvolumen.

Beide Aspekte sind wichtig, aber der Outcome gibt dir das "Warum" hinter der Software. Er stellt sicher, dass die Technologie einem übergeordneten Ziel dient und nicht nur eine technische Spielerei ist.

Warum ist das Verständnis von Outcome wichtig?

Während eines Softwareprojekts müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Um diese im Sinne deiner Ziele zu treffen, muss der/die Dienstleister:in diese Ziele verstehen. Das verhindert endlose Meetings und unnötige Kosten.

Mein Tipp: Stelle sicher, dass deine Ziele im Angebot klar formuliert sind. So kannst du sicher sein, dass der/die Dienstleister:in dein "Warum" verstanden hat und die Software nicht nur funktionell, sondern auch strategisch zu deinem Unternehmen passt.

Garantien in Angeboten: Was sie wirklich bedeuten

Garantien in Angeboten sind mehr als nur Marketinginstrumente - sie sind Versprechen, die Vertrauen schaffen und Risiken minimieren sollen. Es gibt zwei Hauptarten von Garantien: solche, die sich auf die Zusammenarbeit beziehen, und solche, die ein bestimmtes Ergebnis versprechen.

1. Garantien bezüglich der Zusammenarbeit

Diese Art von Garantien, wie Geld-zurück-Garantien, Fixpreise oder Gewährleistung für fehlerfreie Arbeit, zeigen, dass der/die Dienstleister:in bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Sie sind ein starkes Signal für Seriosität und Vertrauenswürdigkeit. Achte jedoch genau auf die Formulierungen, um leere Versprechungen zu vermeiden.

2. Ergebnisorientierte Garantien

Garantien, die ein bestimmtes Ergebnis wie eine Top-Platzierung bei Google oder eine bestimmte Anzahl an Leads versprechen, sind verlockend, aber mit Vorsicht zu genießen. Während erfahrene Dienstleister:innen die Wahrscheinlichkeit eines positiven Ergebnisses erhöhen können, ist eine Garantie für spezifische Resultate unrealistisch. Sei skeptisch gegenüber solchen Versprechungen, da sie nicht haltbar sind.

Insgesamt sind Garantien ein wichtiger Aspekt bei der Auswahl von Dienstleistungen. Sie können dir helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen und eine fundierte Entscheidung zu treffen. Denke daran, Angebote kritisch zu prüfen und dich nicht von unrealistischen Versprechungen blenden zu lassen.

Zeit gegen Geld in Angeboten: Ein kritischer Blick

Ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt: Preise in Angeboten, speziell Time & Material (T&M) Angebote. T&M bedeutet, dass du für die aufgewendete Zeit und das verwendete Material bezahlst, in der Regel kombiniert mit einer Abschätzung des zeitlichen Aufwandes.

Wenn du ein T&M-Angebot erhältst, solltest du genau hinschauen. Warum? Weil hier das Risiko auf dich als Auftraggeber:in übertragen wird. Das mag in Ordnung sein, wenn du dich in der Softwareentwicklung gut auskennst. Aber wenn es nicht dein Fachgebiet ist, wie gut kannst du dann das Risiko wirklich einschätzen?

Ein T&M-Angebot sagt im Grunde: "Wir glauben, dass wir ungefähr so lange brauchen und du zahlst x Euro pro Stunde/Tag, egal wie lange es tatsächlich dauert." Auch wenn Erfahrung das Risiko eingrenzen kann, bleibt eine Schätzung immer eine Schätzung und wird ziemlich sicher überschritten.

Ein weiteres Problem: Die Interessen sind bei T&M-Angeboten gegensätzlich. Du möchtest das Ergebnis schnell und kostengünstig, aber das bedeutet für die/den Dienstleister:in weniger Umsatz. Es fehlt der Anreiz, wirklich effizient zu arbeiten.

Was kannst du also tun?

  • Option 1: Suche dir eine:n Dienstleister:in, der oder die das Ergebnis zum Fixpreis liefert. So hast du eine feste Größe, mit der du planen kannst, ohne böse Überraschungen.

  • Option 2: Hol dir jemanden mit echter Software-Expertise dazu. So kannst du die Risiken besser verstehen und einschätzen.

Wenn du ein Angebot basierend auf Schätzungen und Stundenpreisen vorliegen hast, schau genau hin. Es lohnt sich, um böse Überraschungen zu vermeiden.

Vertragsdetails und Kündigungsbedingungen: Worauf du achten solltest

Vertragsdetails und Kündigungsbedingungen sind meist am Ende des Angebots zu finden, aber sie sind entscheidend für deine Entscheidung. Hier sind einige wichtige Punkte, die du beachten solltest:

  • Vertragslaufzeit: Wie lange läuft der Vertrag? Zum Beispiel 12 oder 24 Monate.
  • Zahlungsbedingungen: Wie und wann wird abgerechnet? Welche Zahlungsmethoden werden akzeptiert?
  • Service-Level-Agreement (SLA): Was sind die vereinbarten Servicelevels? Wie sieht es mit Support-Zeiten und garantierter Verfügbarkeit (Personen & Software) aus?
  • Lizenzumfang: Wie wird die Software lizenziert? Nutzer:innenbasiert, gerätebasiert, standortbasiert?
  • Datenschutz und Sicherheit: Welche Maßnahmen werden zum Schutz deiner Daten ergriffen?
  • Kündigungsfrist: Wie lange im Voraus musst du kündigen, um den Vertrag zu beenden?
  • Rückzahlungspolitik: Unter welchen Bedingungen sind Rückerstattungen möglich, falls der Vertrag vorzeitig beendet wird?
  • Datenherausgabe nach Kündigung: Wie und wann werden deine Daten nach Vertragsende herausgegeben oder gelöscht?

Diese Liste ist vermutlich nicht vollständig, und ich bin kein Anwalt. Ich wollte nur einige relevante Punkte bringen, damit man diese bei der Bewertung des Angebotes nicht vergisst. Es ist wichtig, dass du dich hier auch rechtlich beraten lässt, um alle Verpflichtungen und Risiken wirklich abschätzen zu können.

Tech-Stack: Mehr als nur eine Randnotiz

In Angeboten für Softwareentwicklung sollte der Tech-Stack nicht nur eine Randnotiz sein, sondern klar und verständlich beschrieben werden. Warum? Weil die Technologie, die hinter deinem Projekt steht, entscheidend für dessen Erfolg und Zukunftsfähigkeit ist.

In den letzten Jahren hat sich in der Welt der Softwareentwicklung viel getan, insbesondere durch den Aufstieg von No-/Low-Code Tools. Diese ermöglichen die Entwicklung von Software mit wenig bis keinem Code und haben mittlerweile eine Qualität erreicht, die man nicht ignorieren kann. Was früher Wochen oder Monate dauerte, wie zum Beispiel die Implementierung einer Schnittstelle zwischen zwei Anwendungen, kann jetzt in Tagen realisiert werden - dank Tools wie Hasura.io, Nhost, Webflow oder Retool.

Die Rolle von Open-Source-Technologien

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nutzung von Open-Source-Technologien. Open-Source-Software bietet nicht nur Kostenvorteile, sondern auch eine hohe Flexibilität und Anpassbarkeit. Sie ermöglicht es, auf eine breite Community von Entwickler:innen und Expert:innen zurückzugreifen und von deren Innovationen und Verbesserungen zu profitieren. Open-Source-Tools sind auf dem neuesten Stand der Technik und bieten eine hohe Sicherheit durch regelmäßige Updates und eine aktive Community.

Wenn in deinem Angebot keine Referenz zu No-/Low-Code oder Open-Source-Tools zu finden ist, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ein veralteter Tech-Stack kann bedeuten, dass du mehr bezahlen musst, als notwendig wäre. Und wer möchte das schon?

Zusammenfassung: Warum eine gründliche Prüfung von Angeboten unerlässlich ist

Die Auswahl der richtigen Software oder Dienstleistung für dein Unternehmen ist eine Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen hat. Ein unüberlegter Schritt kann nicht nur zu unnötigen Kosten führen, sondern auch den Erfolg deines Projekts gefährden. Von der genauen Analyse der Arbeitsabläufe über das Einholen von Team-Feedback bis hin zur sorgfältigen Auswahl des Tech-Stacks – jeder dieser Schritte ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die gewählte Lösung wirklich zu deinen Bedürfnissen passt.

Garantien, Preisgestaltung und Vertragsdetails sind mehr als nur formale Aspekte; sie sind das Fundament einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Ein Angebot, das diese Elemente nicht sorgfältig berücksichtigt, kann zu Missverständnissen, Enttäuschungen und letztendlich zu finanziellen Verlusten führen.

Um solche Fallstricke zu vermeiden, ist es wichtig, Angebote gründlich zu prüfen.

Viel Erfolg!

Erzähl mir mehr über dein Projekt.

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